Die Geschichte des Darmstädter Maschinenbaus

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In einer ausführlichen Darstellung unserer Geschichte können Sie die Entwicklung unseres Fachbereichs miterleben.

Die Ursprünge

Die Technische Universität Darmstadt blickt auf eine über 170-jährige Geschichte zurück. Sie ging aus der im Jahre 1836 gegründeten höheren Gewerbeschule hervor, die im Frankensteiner Hof in der Pädagogstraße residierte. Damals gliederten sich die oberen Klassen fakultativ in eine chemische und eine mechanische Ordnung. Schon wenige Jahre später wurde für die Gewerbeschule am nahen Kapellplatz ein neues Gebäude errichtet. Eine Bauklasse und eine landwirtschaftliche Klasse entstanden und so beschloss der Landtag 1867/68 die Weiterentwicklung zu einem Polytechnikum. Sie öffnete 1869 als Großherzoglich Hessische Polytechnische Schule ihre Tore. Der Maschinenbau bildete eine ihrer Abteilungen.

1877 erhielt das Darmstädter Polytechnikum nach München und Braunschweig Namen und Rang einer Großherzoglich Technischen Hochschule. Knapp 20 Jahre später entstanden 1895 neue Gebäude in der Hochschulstraße am Herrngarten, die auch heute noch – mittlerweile unter Denkmalschutz – Universitätseinrichtungen beherbergen. Letzte Weihen erhielt die Technische Hochschule 1899, als sie das Recht erhielt, die akademischen Grade Diplom-Ingenieur und Doktor-Ingenieur zu verleihen.

Der wissenschaftliche Beginn

Otto Berndt.
Otto Berndt.

Die Anfänge der Maschinenkunde sind eng mit dem Namen Philip Waibler verbunden, der ab 1848 das Fach in Darmstadt lehrte und 1872 zum ersten ordentlichen Professor für allgemeine Maschinenlehre und mechanische Technologie ernannt wurde. 1869 kam das Lehrgebiet Kraft- und Arbeitsmaschinen und Dampfkessel, geleitet von Rudolf Werner, und damit der so genannte „warme Maschinenbau“ hinzu. Als weitere Lehrgebiete folgten Maschinenelemente und Kinematik, Bauarbeitsmaschinen und Maschinenzeichnen, wenig später folgten Mechanische Technologie und Werkzeugmaschinen.

Für den Maschinenbau in Darmstadt von herausragender Bedeutung war der Geheime Baurat Otto Berndt, der 1892 berufen wurde. Er betrieb nicht nur die Lehre, sondern auch gezielt die Forschung übergreifend. So gründete er unter anderem einen Lehrstuhl für Wasserkraftmaschinen und später Papierfabrikation.

Der Verein Deutscher Ingenieure empfahl bereits 1895, Maschinenbaulaboratorien zu errichten. In der Folge entstand 1904 das Kraftwerk und Maschinenbaulaboratorium in der Magdalenenstraße. Um die Jahrhundertwende 1900 umfasste der Maschinenbau fünf Lehrstühle.

Otto Berndt gründete darüber hinaus 1907 die staatliche Materialprüfanstalt (MPA) und einen Lehrstuhl für Luftschifffahrt und Flugtechnik. Otto Berndts Wirken ist es zu verdanken, dass nach seiner Amtszeit ab 1927 Lehrstühle für Werkstoffkunde, Wärmekraftmaschinen, Mechanische Technologie, Werkzeugmaschinen und Eisenbahnwesen eingerichtet wurden. An dieses tatkräftige Mitglied der Darmstädter Hochschule erinnert heute noch die im Mensa-Bereich Stadtmitte befindliche Otto-Berndt-Halle.

Allgemeiner Maschinenbau

Nach dem Ersten Weltkrieg setzte eine Reformdebatte über die technischen Hochschulen ein. Einer der aktivsten Teilnehmer war der um 1911 an die THD berufene ordentliche Professor für Maschinenkunde Enno Heidebroek, der als Rektor und mehrfach als Dekan die weitere Entwicklung des Maschinenbaus in Darmstadt prägte. Nach seinem radikalen Reformrezept soll sich das Studium an einer technischen Hochschule in drei Abschnitte gliedern: Grundlegende Fächer – Berufsfächer – Allgemeine Bildungsfächer. Der Maschinenbau in Darmstadt ist bis heute stark von diesen Ideen beeinflusst und hat deshalb auch kein Fachrichtungsstudium innerhalb des Maschinenbaus eingerichtet, sondern immer – mit Ausnahme der Fachrichtung Papieringenieurwesen – einen Allgemeinen Maschinenbau mit starker Grundlagenbetonung angeboten.

Das zerstörte alte Hauptgebäude in der Darmstädter Innenstadt.
Das zerstörte alte Hauptgebäude in der Darmstädter Innenstadt.

Während des Zweiten Weltkriegs war der Maschinenbau neben der Mathematik intensiv an der Entwicklung der V2-Rakete in Peenemünde beteiligt. So wurden z. B. im Laboratorium für Maschinenelemente Schneckengetriebe für die Steuerung dieser Rakete hergestellt. Im September 1944 wurden bei einem schweren Luftangriff 70 Prozent der Darmstädter Innenstadt, darunter auch Teile der Technischen Hochschule, zerstört. Nur noch wenige Bereiche blieben arbeitsfähig.

Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg

Nach Kriegsende wurde der Lehrbetrieb bereits mit dem Wintersemester 1947/48 wieder aufgenommen. 101 Studenten schrieben sich damals für den Maschinenbau ein. 1948 wurde gemeinsam mit der Fakultät für Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Studiengang Wirtschaftsingenieur (Maschinenbau) eingerichtet. Mit dieser Studienrichtung sollte die Fähigkeit von Ingenieuren verbessert werden, betriebswirtschaftliche Belange in einem Betrieb bei der Entwicklung und Fertigung von Produkten zu berücksichtigen. Diese Studienrichtung erfreute sich einer zunehmenden Anerkennung in der Industrie.

Rückansicht des Instituts für Druckmaschinen und Druckverfahren, 1953.
Rückansicht des Instituts für Druckmaschinen und Druckverfahren, 1953.

1952/53 wurde als Ergänzung zum Papieringenieurwesen das Institut für Druckmaschinen und Druckverfahren gegründet. 1955 wurde das Arbeitsgebiet Wärmekraftmaschinen aufgeteilt in Thermische Turbomaschinen sowie Verbrennungskraftmaschinen und Flugantriebe, die später ebenfalls eingeständig wurden. Neu gegründet wurde der Lehrstuhl für Heizungs- und Trocknungstechnik, der dann um das Lehrgebiet „Thermische Verfahrenstechnik“ erweitert wurde. 1956/57 wurde die Einrichtung einer Professur für Reaktortechnik beschlossen.

Im Wintersemester 1957/58 nahmen 267 Erstsemester ihr Studium auf. Nachdem 1958 der Hessische Landtag ein Gesetz zur Lehrerhochschulausbildung beschlossen hatte, übernahm der Maschinenbau an der TH die Gewerbelehrerausbildung für die Berufsschulen. Damit verbunden war die Einrichtung eines Lehrstuhls für Maschinenelemente und Mechanik Außerdem wurde in dieser Phase Anfang der 1960er Jahre ein Lehrstuhl für Arbeitswissenschaft eingerichtet.

Nach Verhandlungen zwischen dem Land Hessen, der Stadt Darmstadt und der Hochschule fällt 1963 die Entscheidung, die TH auf der Lichtwiese nahe dem Böllenfalltor deutlich zu erweitern. Der Umzug von nahezu zwei Drittel des Fachbereichs in das Gebäude auf der Lichtwiese sowie 1976 in die Versuchshallen eröffnete bessere Entfaltungs- und Forschungsmöglichkeiten für den Maschinenbau. Hierzu trug auch das Konzept der gemeinschaftlichen, flexiblen Nutzung der Versuchshallen bei, weil zum einen fachgebietseigene Verantwortlichkeiten im Werkstattbereich erhalten blieben, zum anderen aber eine flexible Anpassung von Räumen und Flächen an veränderte Lehr- und Forschungsaktivitäten möglich war.

Reform des Maschinenbau-Studiums

Arbeitswissenschaft: Belastungsuntersuchungen bei der Überkopfmontage (Quelle: VW)

Ab Mitte der 1960er erfolgte eine tief greifende Reform des Lehrangebots, geleitet durch die Professoren Gerhard Pahl und Walter Rohmert. Ziel war es, zukunftsträchtige, branchenunabhängige Fähigkeiten durch eine deutliche Betonung langfristiger und allgemeingültiger Grundlagen zu sichern, damit Studienabsolventen sich in jeder Branche des Maschinenbaus einarbeiten und erfolgreich tätig sein können. Die bis dahin obligatorischen Übersichtsvorlesungen wurden durch allgemeingültige, weiterführende Grundlagenvorlesungen wie Maschinendynamik, Strömungslehre, Regelungs- und Steuerungstechnik sowie eine vertiefte Werkstoffkunde ersetzt. Durch die theoretisch und konstruktiv betonte Ausbildung grenzte sich die TH auch klarer gegen die Fachhochschulen ab.

Diese Anwendungen der erarbeiteten Grundlagen mussten jeweils im sogenannten „warmen“ Maschinenbau, beispielsweise im Turbomaschinenbau, der Verfahrenstechnik oder der Wärmetechnik, sowie im „kalten“ Maschinenbau wie der Produktionstechnik, der Fördertechnik oder der Fahrzeugtechnik eingeübt werden.

Darüber hinaus waren die Studenten in der Wahl weiterer Fächer sehr frei, so dass sie ihren individuellen Neigungen und Interessen nachgehen konnten. In diesem Wahlbereich konnten auch nichttechnische Fächer einbezogen werden. Bemerkenswert ist, dass schon damals methodenorientierte, über die klassische Lehre hinausgehende Lehrveranstaltungen wie Arbeitswissenschaft oder Finite Elemente sowie Höhere Konstruktionslehre angeboten wurden.

Die 1968er Jahre und das neue Hessische Hochschulgesetz

Durch die unruhigen 1968/69er Jahre geriet die Reform einige Zeit ins Stocken, weil zusätzlich hochschulpolitische Neuerungen und andere Organisationsformen zu bewältigen waren. Mitte 1967 führte ein neues Hessisches Hochschulgesetz zu einer neuen, intern heftig diskutierten Satzung. Klagen mehrerer Professoren beim Verwaltungsgericht in Hessen und beim Bundesverfassungsgericht führten bereits 1970 zu einem novellierten Hessischen Hochschulgesetz, das die Gruppenuniversität mit Konvent bestätigte. In der Folge wurde 1971 Professor Helmut Böhme zum ersten Präsidenten der Hochschule gewählt. Ende 1974 wurde das Hessische Universitätsgesetz erneut novelliert und den Professoren die absolute Mehrheit zugestanden.

Konsolidierung in einer neuen Situation

Die in diesen Jahren eingeleiteten Veränderungen hatten auch auf den Maschinenbau deutliche Rückwirkungen: Aus den Fakultäten wurden Fachbereiche und aus den Lehrstühlen Fachgebiete. Dabei wehrte sich der Maschinenbau – entgegen hochschulpolitischer Vorgaben und Bestrebungen in anderen Fachbereichen – mit Erfolg gegen die Teilung der ehemaligen Fakultät in einzelne kleinere Fachbereiche. Die Fakultät war der einhelligen Meinung, dass ihre Organisationsform von der Lehre, die das jeweilige Berufsbild des Maschinenbauers erfüllt, bestimmt sein muss, da nur dann Anpassungen und Korrekturen zu Gunsten der Studierenden unkompliziert und jederzeit vorgenommen werden könnten, ohne lange und bürokratische Entscheidungswege durchlaufen zu müssen. Diese Freiheit eröffnete später Möglichkeiten, an Forschergruppen, DFG-Sonderforschungsbereichen und DFG- Schwerpunktprogrammen teilzunehmen.

Forschungsaktivitäten des Maschinenbaus

Forschungsfahrzeug “Uni-Car” der Hochschul-Arbeitsgemeinschaft HAG.
Forschungsfahrzeug “Uni-Car” der Hochschul-Arbeitsgemeinschaft HAG.

Der Darmstädter Maschinenbau zeichnete sich schon immer dadurch aus, dass er seine Forschung auch in die Praxis umgesetzt sehen wollte. Daraus resultierte ein hoher Anteil von eingeworbenen Drittmitteln. So betrugen beispielsweise 1985/86 die Forschungsmittel pro Hochschullehrer bereits 620 000 DM im Jahr. Diese Mittel stammten im Wesentlichen aus der Förderung durch die DFG, AiF und bilateralen Forschungsvorhaben mit der Industrie.

Neue Forschungsformen manifestierten sich u. a. in Form der Sonderforschungsbereiche seit Mitte der 1970er Jahre. Sie widmen sich bestimmten Themen und Fragestellungen in Form fachgebietsübergreifender Zusammenarbeit und leisten bis heute sehr erfolgreiche Arbeit. Eine bemerkenswerte Erweiterung in Forschung und Lehre ergab sich durch die Einführung der Maschinenakustik. Die Geräuschentstehung, seine Weiterleitung und/oder Vermeidung sind Umweltprobleme, die Mensch und Technik gleichermaßen betreffen.

Die Fertigungstechnik wurde und wird durch den Lehrstuhl bzw. das Fachgebiet „Technologie und Werkzeugmaschinen“ vertreten.. Auf Grund der wachsenden Bedeutung umformtechnischer Fertigungsverfahren und ihrer Maschinen wurde 1976 das neue Fachgebiet „Umformtechnik“ geschaffen. Ende der 1980er Jahre erhielten die beiden fertigungstechnischen Fachgebiete entsprechend ihrer fachlichen Ausrichtung die neuen Bezeichnungen „Produktionstechnik und spanende Werkzeugmaschinen“ und „Produktionstechnik und Umformmaschinen“. Diese Fachgebiete widmeten sich neuzeitlichen Technologien, die gleichermaßen der Rationalisierung als auch einer umweltfreundlichen Produktion sowie material- und energiesparendes Umformen.

Die Kraftfahrzeugtechnik war in der Fakultät ab 1951 durch einen Lehrbeftragten vertreten. 1957 kam Landtechnik mit einem Schlepperprüffeld in Kranichstein hinzu. 1977 wurde das neue Fachgebiet für Fahrzeugtechnik eingerichtet, das alle Fahrzeugtypen mit deren Sicherheitstechnik und einer energie- und umweltgerechten Fahrzeuggestaltung abdeckte.

Fortschreitende Rechnerunterstützung

Nahezu alle grundlagen- und anwendungsorientierten Fachgebiete nutzten schon sehr früh die Möglichkeiten elektronischer Datenverarbeitung. Zu einer sehr hilfreichen Unterstützung wissenschaftlicher Arbeit mit Hilfe numerischer Verfahren führte in diesem Zusammenhang die Einrichtung des Fachbereichsrechners 1972, der neben und in Vernetzung mit dem Hochschulrechner den einzelnen Fachgebieten wirksame Rechnerleistungen insbesondere für die wissenschaftlichen Mitarbeiter sowie den Studien- und Diplomarbeitern zur Verfügung stellte.

Arbeit in einem Rechnerlabor.
Arbeit in einem Rechnerlabor.

Bereits Mitte der 1970er Jahre begann die zunächst auf Forschung beschränkte Beschäftigung mit der elektronischen Datenverarbeitung in der Konstruktion am Fachgebiet für Maschinenelemente und Konstruktionslehre. Dort wurde ein CAD-Forschungssystem entwickelt, das es gestattete, den Aufbau rechnerinterner Produktmodelle im Hinblick auf den Konstruktionsvorgang zu studieren und daraus Vorschläge für ein konstruktionsgerechtes Vorgehen bei der Generierung und Änderung von rechnerinternen 3D-Modellen zu gewinnen. 1985 wurde erstmals eine Lehrveranstaltung „CAD-Technik“ mit einem Praktikum angeboten. 1990 gründete man das Lehrgebiet „Datenverarbeitung in der Konstruktion“, das heute bereits Teil des Grundstudiums ist.

Auf Grund der Rechner-Entwicklung und der damit sich verändernden Steuerungs- und Regelungswerkzeuge teilte man 1982/83 das Gebiet Flugtechnik auf in die Fachgebiete „Strömungstechnik und Aerodynamik“ und „Flugsysteme und Regelungstechnik“. Dadurch konnte der Windkanal in Griesheim einerseits weiter intensiv genutzt und andererseits das Gebiet der Flugsimulation und Flugsicherheit ausgebaut werden.

Die industrielle Entwicklung Anfang der 1980er Jahre mit einer zunehmend stärkeren Einbindung elektronischer Lösungen in maschinenbauliche Produkte führte 1988 zur Einrichtung eines weiteren Sonderforschungsbereichs „Neue integrierte mechanische und elektronische Systeme für den Maschinenbau (IMES)“. Leitidee war, zunächst durch Erforschen dieser neuen Möglichkeiten die Voraussetzungen für eine später zu integrierende Lehre von Maschinenbau und Elektronik zu schaffen. Als eine Konsequenz wurde 1995 das Fachgebiet Maschinenelemente und Mechanik in das Fachgebiet „Mechatronische Systeme im Maschinenbau“, das zuvor für die Gewerbelehrerausbildung und die konstruktive Grundausbildung der Elektrotechniker verantwortlich war, umgewandelt.

Anpassung an Veränderungen und gesellschaftliche Anforderungen

Anfang der 1980er Jahre stiegen die Studentenzahlen insbesondere im Maschinenbau und bei den Wirtschaftsingenieuren stark an. So ergab sich bereits 1982 eine Überlast von etwa 50 Prozent, wodurch sich Engpässe beispielsweise bei den Übungen in Maschinenelemente ergaben. Das führte einerseits zur Einführung eines Numerus clausus, andererseits zu zusätzliche Überlaststellen für den Fachbereich Maschinenbau Der Numerus clausus führte ab 1987 zu einer Beschränkung auf etwa 500 Studierende des Maschinenbaus und der Wirtschaftsingenieure. Nach 1990 brachen dann allerdings die Studentenzahlen angesichts schwächerer Jahrgänge, einer Rezession in der Industrie und auch durch die zunehmend verbreitete Technikskepsis auf etwa 70 Prozent zusammen.

Die Entwicklung des Fachbereichs Maschinenbau wurde stets von einer Strukturkommission begleitet, die vor Neu- oder Wiederberufungen die künftige Entwicklung diskutierte. So wurden Fachgebiete umgewandelt, zusammengelegt oder geteilt, wenn sich die Anforderungen änderten. Dabei wurde jedoch immer auf eine angemessene und gleichgewichtige Vertretung der Fachgebiete geachtet. Der Fachbereich Maschinenbau verstand sich immer als ein bedeutsamer Bestandteil der Hochschule mit ausgeprägtem Verantwortungs- und Zusammengehörigkeitsgefühl sowie einer auf den ganzheitlichen Zusammenhang gezielten Reformbereitschaft, um sich abzeichnenden technischen und gesellschaftlichen Veränderungen gerecht zu werden.

Ein wesentlicher Meilenstein war im Wintersemester 1998 die „neue“ Maschinenelemente-Lehre unter der Bezeichnung „Maschinenelemente und Mechatronik“, die in das Grundstudium des Maschinenbaudiploms eingeführt wurde. Die Hochschuldidaktische Arbeitsstelle (HdA) begleitete die Veranstaltung, evaluiert sie entwickelte sie iterativ zum heutigen Stand weiter. Mit Einführung des Bachelor-/ Masterstudiums im Jahre 2000 wurde die Veranstaltung als zentrales Modul übernommen und an das European Credit Point System angeglichen. Die neue Maschinenelemente-Lehre stellt mittlerweile einen bewährten und bedeutenden Ausbildungsschwerpunkt im Bachelorstudium „Mechanical and Process Engineering“ dar. Diese auch als Bologna-Prozess bezeichnete Neuordnung zielt auf eine international vergleichbare und auch gegenseitig anerkennbare Ausbildung.

Der Bologna-Prozess

Projektkurs für Erstsemester: Einführung in den Maschinenbau
Projektkurs für Erstsemester: Einführung in den Maschinenbau

Am 19. Juni 1999 unterzeichneten die Bildungsminister aus 30 europäischen Staaten die Bologna-Erklärung. Sie initiierten damit eine Reform der Hochschulbildung in einem Ausmaß und einer Radikalität, die in der Geschichte ihresgleichen suchen. Zu Beginn des Prozesses war den meisten Beteiligten nicht klar, wohin die Reise gehen würde. Die neuen Abschlüsse sollten der Bachelor of Science – nach drei bis vier Jahren Studium zu erwerben – und der Master of Science – nach einem bis zwei weiteren Jahren Studium – sein.

Im Fachbereich Maschinenbau kamen im Jahr 1999 drei Dinge zusammen: Erstens eine Studie, zweitens ein Projektkurs und drittens die Bologna-Erklärung. Eine unter Studenten durchgeführte Studie offenbarte die Orientierungslosigkeit vieler Studenten im Grundstudium des Diplomstudiengangs. War sie Schuld an der hohen Abbrecherquote, die nicht nur in Darmstadt, sondern überall in Deutschland Standard zu sein schien? Das Studium des Maschinenbaus vollzog sich an allen Universitäten gleich und unterlag der von der Kultusministerkonferenz vorgegebenen Rahmenprüfungsordnung Maschinenbau, aus der man nicht ausbrechen durfte ohne Gefahr zu laufen, erstens aus dem Fakultätentag Maschinenbau ausgeschlossen zu werden und zweitens den Studiengang nicht vom Hessischen Wissenschaftsministerium genehmigt zu bekommen.

Um dieser Orientierungslosigkeit vorzubeugen, wurde ein Projektkurs für Erstsemester eingeführt, in dem 1998 etwa 70 Prozent der Erstsemester freiwillig eine Meerwasserentsalzungsanlage für ein Dorf in Namibia entwarfen. Ziel des Projektkurses war, den Studenten eine Übersicht über die Breite des Maschinenbaus zu geben, ihnen die Bedeutung der natur- und ingenieurwissenschaftlichen Grundlagen klar zu machen und eine Bindung an den Fachbereich Maschinenbau herzustellen. Der Kurs wurde evaluiert und erhielt von allen Seiten gute Kritiken. Der Projektkurs „Einführung in den Maschinenbau“ entwickelte sich zum Kristallisationskeim für die neuen Bachelor- und Master-Studiengänge „Mechanical and Process Engineering“.

Losgelöst von der Rahmenprüfungsordnung gelang es, ein modernes Maschinenbau-Curriculum zu entwerfen. Alle Kernkompetenzen, die ein Maschinenbau-Ingenieur benötigt, sollte im Bachelor-Studiengang vermittelt werden. Gegenüber dem Diplomstudiengang wurde das Studium mathematischer, weil Modellierung und Simulation mehr Raum gegeben wurde. Und es gab ein Paradigma, dem sich das gesamte Curriculum zu unterwerfen hatte: „Wir erziehen Forscher“ wurde zum Leitmotiv. Undergraduate Research war ein Schlagwort, das in den USA gerade Furore macht. Der Fachbereich implementierte Undergraduate Research bereits in den Bachelor-Studiengang. Durch diese stärkere Forschungsorientierung unterschied man sich deutlich von den Fachhochschulen mit ihrer „stärker anwendungsorientierten“ Profilierung, aber auch vom bisherigen Diplom-Studiengang.

Intensive Betreuung durch das MechCenter

Der im Jahr 2000 akkreditierte Reformstudiengang erforderte auch ein völlig neues Zugehen des Fachbereichs auf die Studenten und eine deutlich intensivierte Betreuung. Der Fachbereich Maschinenbau richtete das „MechCenter“ ein, das die Betreuung der Studenten professionell organisiert.

Im Jahre 2003 hat der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft den Studiengang „Mechanical and Process Engineering“ als einen von vier Reformstudiengängen bundesweit als beispielgebend ausgezeichnet und mit einem Preisgeld von 300.000 Euro unterstützt. Die Einschreibung in den Diplomstudiengang wurde im Jahre 2006 eingestellt. Denjenigen, die dem untergegangenen Titel „Diplom-Ingenieur“ nachtrauern, sei gesagt, dass die deutsche Maschinenbau-Ingenieure nicht des Titels wegen in aller Welt gerühmt werden, sondern wegen ihrer Ausbildung. Und die ist im Darmstädter Bachelor-Master-Studiengang noch besser geworden als sie im Diplomstudiengang war.

Das MechCenter unterstützt die Studierenden in allen Belangen
Das MechCenter unterstützt die Studierenden in allen Belangen

Ein wesentliches Anliegen des Bologna-Prozesses ist die Förderung der internationalen Mobilität der Studenten. Der Studiengang „Mechanical and Process Engineering“ wurde so konzipiert, dass Auslandsaufenthalte im dritten Jahr des Bachelor-Studiengangs und in jedem Jahr des Masterstudiengangs einfach und ohne Zeitverlust möglich sind. Mit diesem zukunftsweisenden Konzept fuhr der Fachbereich Maschinenbau im Jahre 2006 eine EU-Förderung im Rahmen des Atlantis-Projektes in Höhe von fast 700.000 Euro ein, um einen Dual-Degree-Abschluss mit unserer Partneruniversität Virginia Tech in Blacksburg, Virginia, einzurichten.

Anlässlich der Reakkreditierung wurde der Studiengang im Jahre 2007 fortentwickelt. Die Rolle der Projektkurse wurde nochmals deutlich gestärkt und auf Anregung der Studenten wurde eine Pflichtveranstaltung „Philosophie für Maschinenbauer“ eingeführt.

Der Fachbereich Maschinenbau heute

Nachdem im Jahre 2006 mehrere kleine Fachbereiche der TU Darmstadt zum Fachbereich Mechanik zusammengefasst worden waren, ergab sich im Zuge notwendiger Neu- bzw. Wiederberufungen die Gelegenheit zu Umstrukturierungen.

Heute setzt sich der Fachbereich Maschinenbau an der TU Darmstadt aus 27 Fachgebieten und Forschergruppen zusammen.

Das Zahnrad – Maschinenbau-Wahrzeichen auf der Lichtwiese

Ein gewaltiges Zahnrad markiert seit 1977 den Gebäudekomplex des Fachbereichs Maschinenbau auf der Lichtwiese. Zu verdanken ist das Denkmal einer Initiative von Professor Herbert W. Müller. Das Zahnrad mit seinen fünf Metern Durchmesser und 32 Tonnen Gewicht war eine Spende des Getriebe- und Kupplungsherstellers Lohmann & Stolterfoth, Witten, der heute zu ZF Industrieantriebe Witten GmbH gehört.
Ein gewaltiges Zahnrad markiert seit 1977 den Gebäudekomplex des Fachbereichs Maschinenbau auf der Lichtwiese. Zu verdanken ist das Denkmal einer Initiative von Professor Herbert W. Müller. Das Zahnrad mit seinen fünf Metern Durchmesser und 32 Tonnen Gewicht war eine Spende des Getriebe- und Kupplungsherstellers Lohmann & Stolterfoth, Witten, der heute zu ZF Industrieantriebe Witten GmbH gehört.