Die Dimensionen unserer Forschung

Prof. Dr.-Ing. Christian Hasse,
Fachgebietsleiter

Die Simulation ist neben der Theorie und dem Experiment zur dritten Säule der Wissenschaft geworden.

Christian Hasse

Unsere Forschungsdimensionen am STFS

Unsere Forschung an der STFS lässt sich in vier Dimensionen aufspannen:

  • Konfigurationen
  • Energieträger
  • Theorie und physikalische Modellbildung
  • Computerbasierte Methoden

Diese werden im Folgenden detaillierter vorgestellt.

Konfigurationen

Wir betrachten Konfigurationen von simplen laminaren frei propagierenden Flammen bis hin zu komplexen technischen Brennkammern. Dabei untersuchen wir insbesondere auch Laborflammen, die für die gezielte Analyse physikalischer Effekte bei der Verbrennung ausgelegt sind. Somit schlagen wir die Brücke zwischen Grundlagenforschung und Anwendung.

Energieträger

Die von uns untersuchten Energieträger reichen von gasförmigem Wasserstoff bis zu Eisen- und Aluminiumpulver, die alle eigene Herausforderungen mit sich bringen.

Theorie und physikalische Modellierung

Am STFS forschen wir an der Flamelet-Theorie, wenden Grobstruktursimulationen (Large-Eddy Simulations – LES) an und entwickeln entsprechende Modelle, beispielsweise Modelle für die künstliche Flammenverdickung für die Turbulenz-Chemie Interaktion.

Computerbasierte Methoden

Um unsere Modelle, in entsprechenden Konfigurationen unter Betrachtung der verschiedenen Brennstoffe untersuchen zu können sind computerbasierte Methoden für unsere Forschung essentiell. Im Fokus steht dabei das Hochleistungsrechnen auf modernsten Supercomputern und die anschließende Auswertung und Darstellung der Simulationsergebnisse.

Forschungsbereiche am STFS

Unsere Forschungsdimensionen werden in verschiedenen Forschungsbereichen – an denen auch unsere interne Fachgebietsstruktur orientiert ist – gebündelt. Die Bereiche weisen dabei aber keine klaren Grenzen auf, sondern überschneiden sich in vielen Aspekten und gehenineinander über. So kommen die Modelle, die in der Grundlagenforschung an laminaren und turbulenten Flammen entwickelt werden auch in Simulationen von Flugzeugtriebwerken zum Einsatz und die Software, die wir für die Simulation von Mehrphasenströmungen und Mehrkomponentenströmungen verwenden ist identisch.

Software

Am STFS setzen wir diverse Softwaretools ein, um Modelle zu entwickeln, zu validieren und anzuwenden. Primär handelt es sich dabei um Simulationssoftwarepakete für numerische Strömungssimulationen, die Möglichkeiten zur Simulation von reaktiven Mehrphasen- und Mehrkomponentenströmungen bieten. Unsere selbstentwickelte Software ULF (Universal Laminar Flame Solver) kommt dabei hauptsächlich in der Modellentwicklung und Modellvalidierung zum numerischen Lösen von 0D, 1D und 2D Problemen (beispielsweise zur Lösung von Flamelet-Gleichungen und Bilanzgleichungen generischer Flammenkonfigurationen) zum Einsatz. Als Basis für die Modellentwicklung mittels direkten numerische Simulationen (DNS) von turbulenten reaktiven Strömungen setzen wir den neuentwickelten GPU-beschleunigten Spektralelement Navier-Stokes-Löser nekRS ein.

Die am STFS meistgenutzte Software ist das Open Source Programm OpenFOAM®. Dieses wird sowohl für laminare direkte numerische Simulationen in der Modellentwicklung und Modellvaldierung, als auch für die Kopplung unsere Modelle mit skalenauflösenden Grobstruktursimulationen verwendet.

Wir benutzen außerdem kommerzielle CFD Software bei der Zusammenarbeit mit Industriepartnern und für bestimmte technische Anwendungen.

Umfangreiche Rechenkapazitäten stehen mit der Infrastruktur von NHR4CES zur Verfügung, zu der der Lichtenberg Hochleistungsrechner der TU Darmstadt und der CLAIX Hochleistungsrechner der RWTH Aachen zählen.

Außerdem betreiben wir einen eigenen Rechencluster für Simulationen geringeren Umfangs.

Simulationsstechniken sind eine Plattform auf der wissenschaftliche Theorien angewandt und untersucht werden können, indem mathematische Modelle numerisch gelöst werden. Durch das Vergleichen von simulativen und experimentellen Daten kann die Qualität dieser mathematischen Modelle bemessen werden. Dieser Prozess beinhaltet die Modellentwicklung und Implementierung, die Anwendung des numerischen Frameworks sowie die Analyse und Interpretation der numerischen Ergebnisse. In einem Positionspapier des deutschen Wissenschaftsrat wird die Simulation als strategisch wichtiges Feld der Wissenschaft hervorgehoben und es wird vorgeschlagen ausreichend viele Jungwissenschaftler:innen an den Universitäten mit Bezug zu Simulationen auszubilden. Zudem wird zur Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen und der Industrie ermutigt. Infolgedessen lässt sich festhalten dass die Simulation nunmehr als die dritte tragende Säule der Wissenschaft neben der Theorie und dem Experiment etabliert ist.

Wir wenden Simulationsmethoden in unserer Forschung mit dem Fokus auf reaktive Thermo-Fluid Systeme an. Darunter fallen insbesondere Prozesse, die bei der Verbrennung von chemischen Energieträgern wie Wasserstoff und Ammoniak aber auch von Metallen ablaufen. Solch hochkomplexe Vorgänge spielen sich dabei auf vielen Skalen ab, die alle betrachtet und verstanden werden müssen, um ein wissenschaftliches Verständnis aufzubauen, Modelle zu entwickeln und letztendlich die Prozesse optimieren zu können.

Dafür müssen zum einen in homogenen Reaktoren und eindimensionalen laminaren Flammenkonfigurationen beispielsweise Zündungsverhalten, Schadstoffbildung und die Verbrennung einzelner Festbrennstoffpartikel untersucht, verstanden und modelliert werden.

Auch entwickeln wir anhand von generischen Flammenkonfigurationen Flamelet-Modelle, mit Hilfe derer die Anzahl der zu lösenden Gleichungen in Simulationen deutlich reduziert werden kann, was ein hohes Potential zur Beschleunigung der Simulationen bietet.

Zum anderen tragen direkte numerische Simulationen (DNS) von dreidimensionalen turbulenten Flammenkonfigurationen zu einem allgemeinen Verständnis der turbulenten Verbrennung bei und dienen neben experimentellen Daten zur Validierung und der Ableitung von Modellen, beispielsweise für die Turbulenz-Chemie Interaktion (TCI). Die entwickelten Modelle kommen anschließend hauptsächlich in skalenauflösenden Grobstruktursimulationen (Large-Eddy Simulations (LES)) zum Einsatz. Dies erlaubt uns, neben generischen Flammenkonfigurationen und Laborflammenkonfigurationen, die zur Förderung des grundlegenden wissenschaftlichen Verständnisses der turbulenten Verbrennung entwickelt wurden, auch praktische Anwendungen wie Flugzeugtriebwerke, industrielle Öfen und chemische Reaktoren zu simulieren und anschließend detailliert zu analysieren.